Von der Knospe zur Olive

Wann, wo und wie wachsen Oliven?

Der Held unserer Geschichte ist erst einmal enttäuschend klein, weitgehend unbekannt und optisch kein Hoffnungsträger… .
Ein Gewinner aber steht bekanntlich immer erst hinter der Ziellinie fest – also beobachten wir unseren Protagonisten mit Geduld und Zuversicht. Denn es soll, damit es Spaß macht, ein Happyend geben!

Episode von April bis zur Ernte Ende November

Dienstag, ‎der 22. ‎April ‎, ‏‎

11:51:04 Uhr. Sonne und Wind auf dem Breitengrad 36°48’44.98″N/ Längengrad 22°18’57.14″E – Höhe 230m über dem Meeresspiegel.

Der kleine Kerl sitzt mit vielen anderen seiner Art neben frischen, hellgrünen Blättern an einem Ästchen eines Olivenbaumes. In sich trägt er die geheime Botschaft, die 1500 oder gar 1700 Jahre alt ist: Der mächtige Stamm seines Baumes gehört zu den ältesten Olivenbaumrassen des Mittelmeeres und gehört der Koroneiki-Dynastie an.

Mittwoch, der 28. April ,
Unser Held öffnet die Augen – eingerahmt von seinen 4 ein- bis anderthalb mm großen Kelchblättern trohnt er mit doppelt so großen, weiß-gelblichen Blütenblättern(3-4mm) auf einer Rispe mit ungefähr 20 anderen Blüten und noch einigen Knospen. Er hat alles: 4 männliche Staubgefäße und 2 weibliche Fruchtstempel, ist aber xenogam („Xenos“ ist der „Fremde“ in Griechenland – aber auch der „Gast“)

Zur Befruchtung also braucht die Olivenblüte nicht die eigenen Staubgefäße, sondern fremde aus der Nachbarschaft….

Insekten jedoch finden die Olivenblüte völlig uninteressant, sie werden ausschließlich vom Wind bestäubt. Den haben wir hier in Meernähe glücklicherweise immer!

Zeitglich werden die – das ist die “Olivenbaumkultivierung” – frischen Triebe am Stamm und gelegentlich auch innerhalb des Baumes entfernt, denn die Olive ist von Natur aus ein Strauch und möchte dies auch bleiben! Durch unser Eingreifen kann der Baum seine gesamte Kraft in die Früchte geben.

Montag, der 17. Mai ,
die ersten kleinen Oliven wachsen – links im Bild kleiner als ein Stecknadelkpof – wie in winzigen Schultüten neben zunehmend mehr verblühten Blüten.
Sie sind einsamige Steinfrüchte, im Bild unten rechts bereits stecknadelkopfgroß.

Gleichzeitig werden die frischen, hellgrünen Blätter um die Blüten/Oliven herum dunkler und auch härter: Sie bereiten sich auf den trockenen und sonnenintensiven Sommer vor: Ihre nun lederartige Haut schützt besser vor den Sonnenstrahlen, und ihre Blattunterseite besitzt nun weiße, sternförmige Schuppenhaare, die die Diffusion von Wasserdampf aus den Spaltöffnungen des Blattes vermindern.

27. Juni
Wir haben in Griechenland die erste Hitzewelle hinter uns und der immergrüne Olivenbaum trennt sich von einigen Blättern. Alle 2-3 Jahre fallen wenige Blätter dann doch klassisch: Sie trocknen im Sommer aus und werden gelb.

Keine Katastrophe, doch der Anblick macht eindeutig klar, dass die Sommermonate die härteste Zeit für den Olivenbaum sind. Er zieht sich zurück, reduziert seine Kräfte – und geht in den “Sommerschlaf”.

Wir bewässern unsere Olivenbäume nicht; dafür werden wir im Winter mit einem deutlich aromatischeren Olivenöl belohnt! Und so sehen wir – immer auch ein wenig beunruhigt – die ersten Opfer unter den Früchten: Einige unter ihnen trocknen aus und fallen ab. Die Sommerpause wurde ihr Ende – und es werden noch mehr folgen…

5. September
Seit 115 Tagen kein Regen mehr. Der Boden ist rissig, die Oliven verstaubt und von Spinnen umwoben. Einige Olivenfrüchte gaben bereits auf und liegen am Boden, dennoch halten unglaublich viele diese “Durststrecke” durch. Der Olivenbaum: ein Phänomen! Doch auch ein solcher Überlebenskünstler braucht im September einen ergiebigen Regenguss. Wir schauen zum Himmel und hoffen… .

6. September
Promt ging unser Wunsch in Erfüllung:
Heute abend regnete es: Nicht sehr lange, nicht sehr viel, doch der Staub und die Spinnweben sind nun fort, der Boden ist ein wenig weich. Toll – und eine erste spürbare Erleichterung für die Olivenbäume!

Dass wir persönlich den Sommer mit großem Bedauern verabschieden, steht auf einem anderen Blatt… .

26. September
20 Tage nach dem ersten Regenfall – es folgten 2 weitere – haben sich die Oliven zum großen Teil erholt und stehen faltenlos, sauber, gesund und prall in der immer noch heißen Sonne.
Es sind sehr genügsame Früchte, was ihren Anblick nun im Herbst zu einer wirklich besonderen Sache macht: Man meint, ihre Kraft und die “innere Stärke” spüren zu können!
Auch riecht es jetzt im Olivenhain intensiv nach Erde, nach feuchtem Mulch; die ersten Blumen kommen hervor, meist mit schnellem Wachstum. Und die ersten Gräser tupfen ein wenig Grün in das Gelbbraun der Dörre. Eine tolle Zeit!
Doch noch ist es einige Wochen hin, bis wir die Oliven ernten können. Es kann noch viel passieren… .

Im Oktober und November schmälern die heftigen, bei uns in Meernähe gelegentlich orkanartigen Stürme mit Spitzen von über 200km/H die Menge der Ernte – nicht jedoch die Qualität des Öles!
Denn herausgefegt – im wahrsten Sinne des Wortes – werden die ohnehin schadhaften Oliven; jene, in welche die Olivenfliege ihre Eier ablegte, oder jene, die zu trocken, oder von den typisch herbstlichen Hagelschlägen aus höchsten Höhen angeschlagen wurden.

Auch wenn der Anblick der “gefallenen Oliven” wehtut: Unser Olivenöl wird dadurch gesünder, schmackhafter und länger haltbar!

In diesem Jahr beginnt die Ernte relativ früh: Wetter und Oliven bestimmen den Zeitpunkt auf Mitte November!
Die Oliven sollten nur zu einem Drittel reif sein, zwei Drittel noch grün, jedoch bereits prall: Das macht den fruchtigen Geschmack und die guten Säurewerte unseres Olivenöles aus!
Näheres zur Ernte finden Sie unter diesem Link <<<

Ein wunderschöner Sonnenuntergang am Abend nach der Ernte ist mental beinahe Lohn genug!