Qualität und Güteklassen

Sie haben diese Begriffe alle schon einmal gehört : Olivenöl extra vergine, erste Pressung, kaltgepresst, jungfräuliches Öl, Tropföl, aromatisierte Öle usw.usw.

Hier nun eine kurze Aufklärung, welche Begriffe für Sie wichtig sind:

Zunächst nur drei

1. Olivenöl extra vergine: dies ist das beste! Die freien Fettsäuren dürfen bis 0,8% betragen, die Peroxide bis zu 20 meq.(Zwischenbemerkung: beide Kriterien sind viel zu hoch erlaubt!) Bei der Verköstigung dürfen keine geschmacklichen Fehler feststellbar sein.

2. Olivenöl vergine: die freien Fettsäuren dürfen bis zu 2,0 % betragen, Peroxide ebenfalls bis zu 20 meq, es dürfen leichte geschmackliche Fehler feststellbar sein. Dieses Öl ist für den Verzehr zugelassen.

3. Lampantöl: ist ein übelriechendes, schlecht schmeckendes natives Olivenöl, hergestellt aus verdorbenen Oliven oder aus irgendwelchen Gründen ranzig gewordenes Öl. Dieses Öl ist für den Verzehr des Menschen NICHT zugelassen und muss chemisch aufbereitet werden.

Und nun wird es ein wenig pervers: es kommen nämlich noch 2 Kategorien hinzu: also

4. Olivenöl: wenn Sie tatsächlich eine Flasche kaufen, auf der nur “Olivenöl” draufsteht, dann haben Sie ein chemisch aufgearbeitetes Lampantöl, welches allerdings für den menschlichen Verzehr zugelassen ist! Die Details dieser Aufarbeitung erspare ich Ihnen, Sie bekämen einen Schüttelanfall!

Und zum Schluß gibt es noch das

5. Oliventresteröl, welches ein Verschnitt ist von raffinierten Ölen mit nativen Olivenölen. Auch nicht wirklich empfehlenswert…

Nun also eine Zusammenfassung:

Der Olivenölmarkt ist ein Milliardengeschäft, und selbstverständlich wird hier gepanscht, gemischt, gelogen und betrogen. Wir fordern zusammen mit MERUM und dem DER FEINSCHMECKER von der EU eine verpflichtende Untersuchung der Polyphenole zur Klassifizierung der nativen Olivenöle zur Unterscheidung zwischen echten “extra vergine” und “vergine”. Die Industrie hat diese Maßnahme bislang in Brüssel zu verhindern gewußt. Dann nämlich müssten 90 bis 95% der”extra vergine” Olivenöle aus den Regalen genommen werden und als “vergine” deklariert werden.

Der noch immer kursierende, aber veraltete Begriffen wie “erste Kaltpressung” ist irreführend und falsch: Es wird nirgendwo mehr zweimal gepresst! Laut Gesetz darf das Öl zudem sowieso nicht über 27 Grad C erhitzt werden. Ganz kalt geht auch nicht – etwa 20 Grad wäre das rechte Mittelmaß.
Der Begriff “Jungfernöl” ist eine uralte Bezeichnung für die erste Pressung.

Zum Tropföl möchte ich mich nur kurz und polemisch äußern: sinnlose Modeerscheinung! Tropföl entsteht bei der Mattenpressung, wenn die ersten Tropfen Öl aufgrund des Eigendruckes der hochaufgeschichteten Matten an der Seite der Matten heruntertropfen. Viel Fruchtbestandteile, die sofort in Oxidation übergehen (haben Sie schon mal einen Apfel angeschnitten eine halbe Stunde lang liegengelassen und dann die Schnittfläche betrachtet? Die Olive ist eine noch viel empfindlichere Frucht!) schaden diesem Olivenöl innerhalb kürzester Zeit. Der Geschmack ist Geschmacksache – oder wahrscheinlich sogar eher Glaubenssache;)! Über die Mattenpressung lesen Sie bitte kurz hier nach.

Zu den aromatisierten Ölen auch nur kurz und böse: Modeerscheinung von verwöhnten Nichtkennern! Bei der Pressung werden dem Olivenbrei Orangen oder Zitronen oder wer weiß was noch zugesetzt. Das soll den Geschmack verfeinern. Wir fürchten, dass damit Geschmacksfehler beim Olivenöl übertüncht werden sollen. Sollten Sie ein wenig zu Hause experimentieren wollen: herzlich gerne, denn das kann wirklich Spaß machen und verdirbt Ihr übriges Öl nicht. Denn Sie haben ja ein echtes “extra vergine” erstanden.

Nähere Information auch hier.

Verköstigung zu Hause:
Sollten Sie sich Ihr eigenes Urteil bilden wollen, indem Sie zuHause verschiedene Olivenöle gegeneinander testen, lesen Sie bitte folgenden Text aus der sehr empfehlenswerten Seite von “SLOWFOOD”:

Es braucht kein Chemielabor, um ein schlechtes Olivenöl zu erkennen; Nase und Gaumen sind sensibler als Analysenapparate. So trägt denn auch der Gesetzgeber dieser Tatsache Rechnung und führte als Methode für die Qualtätsprüfung die Verkostergruppe (auch “Panel” genannt) ein. Ein gutes Panel erriecht den geringsten Fehlton, die kleinste Oxidation. Gute Verkoster vermögen genau zu sagen, wo in der Produktionskette etwas falsch gelaufen ist, ob die Oliven nicht schnell genug verarbeitet wurden, ob sie von der Olivenfliege befallen waren, ob der Brei in der Ölmühle mit Luft in Berührung kam, zu warm verarbeitet oder das Öl schlecht gelagert wurde.

Offizielle, vom Staat anerkannte Panels sind befugt, ein Öl zu beurteilen und rechtsverbindlich der entsprechenden Kategorie zuzuordnen: Lampant (nicht verkehrsfähig), Nativ (italienisch: Vergine) oder Nativ Extra (Extra Vergine). Im Prüfbericht des Panels wird vermerkt, ob ein Öl korrekt bezeichnet ist oder nicht. Dieses Gutachten zwingt theoretisch einen Anbieter, sein falsch etikettiertes Öl zurückzunehmen. Eine Begebenheit, die allerdings kaum je vorkommt. Allein aufgrund von Etikettenschwindel musste in der vergangenen Zeit kein Anbieter sein Regal räumen. So was geht als Kavaliersdelikt durch. Erst im Falle von drohender Gesundheitsgefährdung greifen die Behörden durch.

Gute Panels sind so rar wie gute Olivenöle. Nur die Unfähigkeit der Panels macht es möglich, dass neun von zehn so bezeichneter Nativ Extra in Wirklichkeit keine sind. Das EU-Reglement schreibt vor, dass die offiziellen Panels regelmäßige, vom nationalen Landwirtschaftsministerium festgelegte Fähigkeitsprüfungen bestehen müssen, um ihre Funktion erfüllen zu können. Danach sind zum Beispiel schon mal alle italienischen Panels deligitimiert, da dort ein staatliches Kontrollprogramm der Panels nie in die Wege geleitet wurde.
Neben den offiziellen gibt es die selbsternannten Panels. Manche berufen sich auf Anerkennung durch das International Olive Oil Council, andere sind sich selbst gut genug. Tatsache ist, dass ihre Meinung die von Privatpersonen ist und kein offizielles Gewicht hat. Leider ist auch Kompetenz der Panels nicht gewährleistet: Man denke nur an die von der Stiftung Warentest publizierten Panel-Resultate oder den Olive Oil Award der Schweizer Hochschule Wädenswil.”

Nun: wir schließen uns dieser Beurteilung an.

So verkosten Sie Olivenöle zu Hause:

Wir möchten Ihnen jetzt Tipps geben, wie Sie Ihr Olivenöl selbst verkosten können, am besten im Kreise genussfreudiger Freunde, wobei jeder sein Olivenöl mitbringt. Sie können sich auch den Spaß machen, ein typisches Supermarkt-Öl dazu zu kosten.
Einer sollte sich opfern, und alle Proben anonymisieren, z.B. in neutrale Gläser umfüllen, und diese durchnummerieren. Niemand (außer dem einen) weiß, welches Öl sich in welchem Glas befindet.
Vorbereitet haben Sie Brot (am besten geschmacksneutrales Weißbrot), Apfelstückchen und Trinkwasser

Erstens:
Sie füllen das Öl in z.B. Cognac-Schwenker oder nach oben verjüngende Weingläser, decken das Glas mit einem Bierdeckel ab, erwärmen das Glas in Ihrer Hand und schwenken es leicht herum, damit die flüchtigen Aromen sich oben im Schwenker sammeln können.
Bitte beurteilen Sie nicht die Farbe des Olivenöls, diese hat keinerlei Bedeutung für Geschmack oder Qualität und ändert sich bei jeder reinen Olivensorte.

Zweitens: riechen
Sie nehmen den Deckel und ziehen eine “lange Nase” ein. Versuchen Sie zu beschreiben, was Sie riechen: beurteilen Sie die sog. Fruchtigkeit: riecht das Öl stark nach Oliven?

Drittens: endlich probieren
Sie nehmen einen kleinen Schluck, im Mund hin und her wälzen, auch nach hinten, und bei ganz frischen Ölen müssen viele dann husten. Das Öl kratzt hinten im Hals. Und dies ist ein Beweis für die Frische, in keinem Fall ein Fehler! Nebenbei: as Kratzen lässt nach Monaten nach. Profis beurteilen nun auf einer Skala von 0 bis 10 die Fruchtigkeit, die Bitterkeit und die Schärfe. Einige Panels beurteilen dann auch die Harmonie / Ausgewogenheit: das Verhältnis von Geruch zu Geschmack, der Vielfalt und Intensität evtl. vorhandener grüner oder reifer Aromen, und oft kommt es dann zu blumigen Beschreibungen wie beim Wein.
R.Retsch vom Deutschen Olivenöl Panel (http://olivenoel.ingds.de/) schreibt dazu: Sensorische Feinheiten wie zusätzliche Geschmackserlebnisse nach Apfel, “Artischocken, Bittermandel, schwarze Johannisbeere fließen in die Bewertung der Harmonie ein, unterliegen aber oft den subjektiven Empfindungen der Tester.”
Wohl wahr!

Zwischen den verschiedenen Olivenöl-Proben lassen Sie sich etwas Zeit, nehmen ein Weißbrot oder Baguette, Apfelstückchen, Wasser und ggf auch etwas Fleur de Sel vor der nächsten Probe, um den Geschmack der letzten zu neutralisieren.

Bei der Beurteilung ist der Phantasie keine Grenze gesetzt. Jeder Prüfer sucht nach Vergleichen wie “grüner Apfel, Artischoke, Heu, grüne Wiese” etc etc. Auf der Seite der Informationsgemeinschaft Olivenöl finden Sie Anleitungen bzw Infos zur Verköstigung, unter dem Reiter “Güteklassen”.

Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung gemäß Ihrem eigenen Geschmack, und Sie werden feststellen, daß mit zunehmender Kenntnis Ihr Urteil immer sicherer wird.

Einfach genießen !